Historisches - Verkehr

Am 20. Oktober 1898 startete die erste Straßenbahn in Hamm auf der Strecke Westenschützenhof-Bad Hamm.
Seit der Einrichtung der ersten Omnibusverbindung mit Pferden, an deren Stelle zuerst die "Elektrische" trat, hat sich viel verändert.

125 Jahre Stadtwerke Hamm:

Öffentlicher Personennahverkehr durch Straßenbahn und Omnibus

von Alfons Wechsler und Rainer Voß (zum 28.10.1983)

Die Geschichte der Hammer Straßenbahn bzw. des heutigen Omnibusbetriebes begann kurz vor der Jahrhundertwende mit einer Vertragsunterzeichnung am 15. Juni 1897. Vertragspartner waren die Elektrizitäts-Aktiengesellschaft, vormals Schuckert & Co., sowie der Magistrat der Stadt Hamm, vertreten durch Bürgermeister Matthaei und Ratsherr F. Cobet. Die Elektrizitäts-Aktiengesellschaft verpflichtete sich, „Eine Straßeneisenbahn vom Bahnhofe Hamm, unter der Eisenbahnüberführung nach der Bahnhofstraße, durch diese die Weststraße entlang, über dem Markt, durch die Oststraße und die Ostenallee bis zum Schützenhofe des Bürgerschützenvereins (Bad Hamm) einerseits und von dem Bahnhofe bis zum Schützenhofe der Westenvorstadt (Vorsterhausen) andererseits herzustellen und zu betreiben.“

1898 fuhr in Hamm die erste Straßenbahn

Im Frühjahr 1898 begannen die Gleisbauarbeiten und noch am 20. Oktober desselben Jahres startete die Straßenbahn auf der Strecke Westenschützenhof-Osten (Kronenburg) zu ihrer Jungfernfahrt.

Wir können uns in der heutigen Zeit nicht mehr so richtig vorstellen, wie es damals war, als erstmals die Straßenbahnwagen im Verkehr der Stadt auftauchten. Sie wurden zwar nicht in dem gleichen Maße angestaunt wie 50 Jahre zuvor der erste Eisenbahnzug, der in den „Bahnhof an der Pelkumer Chaussee“ - so sagte man damals- einlief. Zwischen beiden Ereignissen bestand ein innerer Zusammenhang, den „Bad Hamm“ im Hammer Osten herstellte. Um die Kurgäste vom Bahnhof bequem zum Osten zu bringen, hatte man zunächst eine „Omnibusverbindung“ (mit Pferden) eingerichtet. Und als die Pferdebahn nicht mehr modern genug war, trat die elektrische Straßenbahn, im Volksmund „Elektrische“ genannt, an ihre Stelle. Zunächst zwar nur mit der eingleisigen Linie vom Westenschützenhof bis zum Badehaus im Osten. Die Zugkraft war aber immerhin so groß, dass in den ersten Tagen nach Eröffnung jeder echte Hammer wenigstens einmal mit der neuen Straßenbahn gefahren sein wollte.

So war vier Tage nach der Inbetriebnahme im Westfälischen Anzeiger zu lesen: „Die letzten Tage haben unsere von jeher gehegte Ansicht bestätigt, dass die elektrische Straßenbahn sich hier gut rentieren werde. Der Ertrag hat die Erwartungen der Gesellschaft weit übertroffen, und wer am gestrigen Tage Zeuge des Betriebes war, wird erstaunt darüber gewesen sein, welche Menschenmassen – anders können wir es nicht bezeichnen – von dieser schönen und dabei so billigen Fahrgelegenheit Gebrauch machen möchten.“ Weiter heißt es: „Kann man sich so des Erfolges freuen, so wollen wir aber auch nicht verschweigen, dass einigen der Fahrgäste der billige Fahrpreis doch noch zu hoch erscheinen sein mag, denn in den Behältern, in welchen die 10 Pfennig zu werfen sind, haben sich auch verschiedene Knöpfe vorgefunden. Es bedarf wohl keines besonderen Hinweises, dass die Straßenbahnverwaltung für einen derartigen Gegenwert keine Verwendung hat. Also: „Wer fährt, drücke sich nicht vor dem doch so billigen Fahrgelde.“

Ohne Schaffner ging die Chose nicht

So blieb zunächst jede Straßenbahnfahrt eine Vertrauenssache und eine Probe auf die Ehrlichkeit der Fahrgäste. Es gab nur Wagenführer, jedoch keine Schaffner. Es gab auch keine Fahrscheine, obschon damals durchaus keine Papierknappheit herrschte. Die Straßenbahn begnügte sich gewissermaßen mit einem „Opferstock“ an den Türen zur vorderen und hinteren Plattform. Damals war jeder Fahrgast ein kleines Stückchen Schaffner in eigener Person. Die Hammer (oder waren es nur die auswärtigen Besucher der Stadt?) haben aber die Ehrlichkeitsprobe nicht bestanden. Nach Übergang der Straßenbahn in das Eigentum der Stadt Hamm im Jahre 1907 wurden Schaffner eingestellt. Als diese nur einen einzigen Monat Dienst getan hatten, bestätigte sich, dass die Mehrausgabe an Löhnen sich gut bezahlt machte. Trotz der erhöhten Betriebskosten war der Reingewinn beträchtlich höher als in der schaffnerlosen Zeit.

Zunächst keine festen Haltestellen

Noch eine weitere kuriose Besonderheit hatte die Straßenbahn in den ersten Monaten ihres Bestehens zu verzeichnen: Es gab keine festen Haltestellen. Wer mitfahren wollte, gab dem Wagenführer ein Zeichen; der hielt den Wagen an, der Fahrgast stieg ein und die Fahrt ging weiter. Erst am 31. August 1899 wurde die Einrichtung von Haltestellen angekündigt.

Neue Linie „Marktplatz – Hamm-Süd“

Die Stadtväter ließen das Streckennetz der Hammer Straßenbahn zügig erweitern. Ab Mai 1901 fuhren bereits auch Straßenbahnen vom Markt bis Hamm-Süd. Zielstrebig hatte man hiermit erreicht, dass nun das im Jahre 1896 errichtete Städtische Krankenhaus an der Werler Straße mit der Straßenbahn zu erreichen war. Gleichzeitig war damit auch eine Verbindung zum Ruhr-Lippe-Kleinbahnhof in Hamm-Süd, an der Kleinbahnstrecke Hamm-Werl, hergestellt.

Die Straßenbahnwagen wurden größer und bequemer

Wie die Strecken der Straßenbahnen mit der Zeit wuchsen, so sind auch die Wagen größer und bequemer geworden. Die ersten Motorwagen hatten Holzbänke, die sich an den Außenwänden der Wagenlänge nach hinzogen, so dass sich die Fahrgäste praktisch gegenübersaßen und sich entweder während der Fahrt unverwandt anstarrten oder ein Verehrer bei einer schönen „Gegenüber“ hin und wieder ein Auge riskierte. Erst viel später beschaffte man Wagen, in denen die Bänke quer zur Fahrtrichtung standen, so dass man auch einen Blick auf die Straße und Passanten werfen konnte. Die Stehplätze auf der vorderen Plattform erfreuten sich keiner besonderen Beliebtheit, vor allem im Winter nicht, denn die Plattform war nicht verglast. Es kam oft genug vor, dass ein plötzlicher Windstoß einem unachtsamen Fahrgast den Hut entführte.

Eine ganz besonders augenfällige Merkwürdigkeit waren die offenen Sommerwagen, die als Anhänger dann in Dienst traten, wenn Sommertags fast allsonntäglich irgendeine Festlichkeit halb Hamm zum Osten lockte. In diesen Sommerwagen – im Volksmund „Abessinienwagen“ genannt – waren die Bänke so angebracht, dass die Fahrgäste in Längsrichtung Rücken an Rücken saßen und den Fußgängern, die das Fahrgeld sparen wollten, zuwinken konnten.Die seitlichen Außenwände bestanden nur aus einem etwa meterhohen Gitterwerk, über dem baldachinartig das Wagendach schwebte. Diese Bauart erwies sich als sehr zweckmäßig anlässlich des Westfälischen Turnfestes, das 1910 in Hamm stattfand. Die Turner vereinfachten damals das Aussteigen, indem sie sich mit einer eleganten Flanke über die Seitenwand schwangen. Diese Sommerwagen waren in den ersten Jahren des Betriebes sicher zweckmäßig – insbesondere, wenn man an die maximale Fahrgeschwindigkeit von 18 km/h in der Innenstadt denkt. Mit dem wachsenden Betrieb wurde ihr Einsatz jedoch immer problematischer, so dass man dazu überging, Anhänger zu beschaffen, die ebenso wie die Motorwagen zu jeder Jahreszeit, bei jeder Witterung verwendbar waren. Gleichzeitig wurden beide Wagenarten länger, so dass sie mehr Sitzplätze boten, und auch schwerer, so dass ein ruhigeres Fahren gewährleistet war.

Weitere Liniennetzerweiterungen folgten:

In den nachfolgenden Jahren wurde das Straßenbahnnetz mehrfach erweitert, um den gestiegenen Verkehrsbedürfnissen Rechnung zu tragen. Am 16. September 1913 konnte der erste Abschnitt Nordstraße-Münsterstraße und am 4. August der zweite Abschnitt von der Münsterstraße bis zur Zeche Radbod dem Verkehr übergeben werden. Eine durchführende Straßenbahnlinie von der Nordstraße zur Zeche Radbod war noch nicht möglich, da die damalige preußisch-hessische Staatseisenbahn die Münsterstraße höhengleich kreuzte. Die Eisenbahnverwaltung gestattete die höhengleiche Kreuzung dieser Strecke durch die Straßenbahn nicht. Für die Nordstrecke im Abschnitt Münsterstraße-Zeche Radbod musste deshalb eine zusätzliche Wagenhalle am Bockumer Weg (Tondernstraße) errichtet werden. Erst im November 1921 konnte eine durchgehende Verbindung Nordstraße-Zeche Radbod angeboten werden, nachdem die Eisenbahnstrecke Hamm-Bielefeld höhergelegt war.

Nach dem Ersten Weltkrieg schwierige Betriebssituation

Nach dem Ersten Weltkrieg gestaltete sich die Betriebslage infolge der zunehmenden Währungsverschlechterung immer schwieriger. Sie führte schließlich 1922 sogar zur völligen Stillegung der Südener Strecke. Die Fahrpreise mussten der fortschreitenden Inflation in immer kürzeren Zeitintervallen angepasst werden. Mitte Januar 1923 kostete die Fahrkarte für eine Teilstrecke, für die in guten Zeiten nur 10 Pfennig zu zahlen war, schon 40 RM. Anfang März 1923 mussten für die gleiche Fahrstrecke 200 RM bezahlt werden, im Juni 1923 1.000 RM, im Juli 1923 erhöhte sich der Preis auf 3.000 RM, am 31. August 1923 auf 150.000 RM, am 22. September auf zwei Millionen RM und schließlich am 21. November auf 50 Milliarden RM.

Nach der Inflation von 1923 ging es wieder aufwärts

Mit der Marktstabilisierung Ende 1923 setzte eine langsame Aufwärtsentwicklung ein. Der zweigleisige Ausbau der Stadtlinien konnte 1924 fortgesetzt werden. Außerdem wurden 12 neue Triebwagen angeschafft. 1925 erfolgte die Durchführung (Verlängerung) der Linie 2 (Süden-Markt) und 4 (Radbod-Nordstraße) zum Bahnhof. 1926 war Betriebseröffnung auf der Strecke Zeche Radbod-Bockum. 1928 konnte die Vollendung der Strecke in Pelkum von der Fangstraße bis zum Amtshaus sowie Beendigung des zweigleisigen Ausbaus der Linie 1 (Bad Hamm-Dabergsweg) und 1931 die Inbetriebnahme der Strecke Lippmann am Boll-Herringen gemeldet werden.

Die wirtschaftliche Entwicklung des Verkehrsbetriebes zwischen den beiden Weltkriegen bzw. im Zweiten Weltkrieg verlief sehr unterschiedlich. Dies lässt sich anhand einiger Beförderungszahlen erkennen:

19286 875 900
19324 167 200
19343 629 100
19374 866 900
19385 957 700
19397 596 000
19409 220 500
19411 152 800
194214 953 100
194317 139 500
19447 466 200
19452 978 200
Zum Vergleich:
198213 168 500

 
Fliegerangriffe behinderten Straßenbahnbetrieb

Während des Zweiten Weltkrieges war der Verkehrsbetrieb von Luftangriffen relativ häufig betroffen. Erstmals war dies am 13. Juni 1941 der Fall, als Bombensplitter in Höhe des großen Exerzierplatzes den Fahrdraht durchschlugen. Dieser Schaden konnte noch schnell behoben werden. Bei anderen war dies langwieriger und kostspieliger. Ende 1944 kam der Straßenbahnbetrieb vollständig zum Erliegen. Er ruhte vom 29. Novermber 1944 bis zum 6. Februar 1945. Ab 7. Februar wurden nacheinander die Teilstrecken Herringen - Augustastraße, Pelkum (Fangstraße) - Augustastraße, Nordstraße- Tondernstraße und Hamm-Osten – Kentroper Weg in beschränktem Umfang wieder dem Verkehr übergeben, jedoch nicht auf der Linie 2 Hamm – Süd. Das Gleismaterial dieser Strecke kam teilweise zum Ausbau und wurde auf den anderen Strecken zur Beseitigung von Bombenschäden verwendet. Die Hammer Polizei ordnete im Laufe des Sommers 1944 auch Transporte von Schuttmassen und Baumaterial durch die Straßenbahn an. Dabei verwendete man Lastwagenanhänger. Als Zugorgan diente der Schienenschleifwagen der Straßenbahn.

Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach Kriegsende konnte der Straßenbahnverkehr mit Genehmigung der Militärregierung am 15. Juni 1945 in beschränktem Umfang wieder aufgenommen werden. Als erste Teilstrecke ging der Streckenabschnitt Augustastraße – Marktplatz Pelkum im 40-Minuten-Takt wieder in Betrieb. Bis zum 31. März 1946 waren von der insgesamt 31,3 km langen Gleisanlage 13,5 km bereits wieder in Benutzung. Am 31. März 1947 waren es schon 23,5 km, und außerdem 2,5 km, der am 17. März 1947 eingerichteten Kraftomnibuslinie Markt – Süden. Auf der Strecke Markt – Süden wurden ab März 1947 Omnibusse eingesetzt. Da die Lippe-Brücke noch in den letzten Kriegstagen gesprengt worden war, musste die Linie 4 weiterhin teilweise mit Omnibussen befahren werden.

Wiederaufbau auch mit neuen Linien:

Im Zuge des Wiederaufbaus kamen verschiedene Linien neu hinzu. Weitere Linien übernahmen die Stadtwerke aus privater Hand. Im einzelnen handelte es sich um folgende Strecken:

 

Omnisbuslinie 5(Hamm-Bahnhof-Hafen) ab 1. Februar 1950
Omnisbuslinie 6(Hamm-Osten – Werries-Süd) ab 1. April 1950 durch den Verkehrsbetrieb. Diese Linie war seit 1932 an einen privaten Unternehmer verpachtet
Omnisbuslinie 7(Berge – Herringen) ab 1. Dezember 1950
Omnisbuslinie 9(Hamm-Bahnhof über Hövel – Bockum) ab 1. Juli 1951
Omnisbuslinie 8(Hamm-Bahnhof – Caldenhofer Weg) ab 1. Dezember 1956
Am 2. Januar 1954 wurde die Straßenbahnlinie 4 ganz auf Omnibusverkehr umgestellt.

 

 

Konzessionsablauf für Strecke Hamm–Pelkum:

Als mit dem 1. März 1957 die Konzession für sämtliche Straßenbahnlinien ablief – sie waren 1907 für 50 Jahre erteilt worden -, konnte für die nach Pelkum führende Straßenbahnlinie 3 eine weitere Genehmigung nicht mehr erreicht werden. Die Linie musste daher seit dem 1. April 1957 im Teilstück Lippmann – Pelkum mit Omnibussen befahren werden. Am 1. Juni 1958 erfolgte eine weitere Linien-Umstellung auf Omnibusse, nämlich die der Linie 2 Hamm-Bahnhof – Hamm-Süden. Mit der Aufnahme des Omnibusverkehrs wurden gleichzeitig die Linien 2 und 4 zu einer Durchmesserlinie zusammengefasst.

Abschied von der Straßenbahn

Aufgrund des stark zunehmenden Autoverkehrs in der Innenstadt und wegen der engen Straßenverhältnisse, nicht zuletzt aber auch aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen, beschloss der Rat der Stadt, den Straßenbahnbetrieb ab 1. April 1961 ganz auf Omnibusbetrieb umzustellen. Zum damaligen Zeitpunkt hätte der überwiegende Teil des Schienennetzes erneuert werden müssen. Dies traf auch für den Fahrzeugpark zu. Die Investitionen wären beträchtlich gewesen. Die Einstellung des Straßenbahnbetriebes fiel den Hammer Bürgern, aber auch den Politikern nicht leicht. Es wurden damals hitzige Debatten im Rat und in den Ausschüssen geführt. Gutachten bestellt, die einerseits die Wirtschaftlichkeit beider Systeme prüften, aber auch die örtlichen Verhältnisse genau unter die Lupe nahmen.

Die Entscheidungsbeihilfen führten letztendlich zur Einstellung des Straßenbahnbetriebes. Viele Bürger der Stadt waren dabei, als der letzte Straßenbahnwagen vom Osten durch die Innenstadt ins Depot einfuhr. Auch der WDR nahm diese letzte Fahrt zum Anlass, einen Beitrag im Fernsehen zu bringen.
Statt der Straßenbahnwagen verkehrten auf der Hauptlinie 1/3 nur Omnibusse mit Schaffnern. Die Umstellung erfolgte reibungslos, es brauchte aber seine Zeit, bis der eine oder andere Fahrgast sich mit diesem wesentlich mobileren Gefährt angefreundet hatte. Im Laufe der nachfolgenden Jahre kamen – den Verkehrsbedürfnissen entsprechend – weitere Omnibuslinien hinzu; andere wurden verlängert.

Linienverlängerungen

Linie 3 von Haltestelle Ostapotheke nach Werries, Linie 8 von Hamm-Bahnhof nach Lohauserholz.

Neueinrichtungen

Linie 6 von Hamm-Bahnhof nach Werries-Süd, Linie 10 von Westtünnen zum Westberger Weg im Norden, Linie 13 von Pelkum über Herringen nach Bockum-Hövel, Linie 14 von Hamm-Bahnhof nach Bockum/Janssenstraße, Linie 17 von Akazienallee nach Nordherringen, Linie 20 Von Hamm-Bahnhof nach Ostwennemar.

Neuordnung brachte bessere Verkehrsbedienung

Ein weiteres wichtiges Datum für den Verkehrsbetrieb der Stadtwerke Hamm ergab sich in Verbindung mit der kommunalen Neuordnung. So konnte nach langen, zähen Verhandlungen zunächst im Wege der Betriebesführung mit der damaligen Kreisverkehrsgesellschaft Beckum erreicht werden, dass die bisherige „Diaspora“ Heessen nun auch – zumindest teilweise – durch den Verkehrsbetrieb mitbedient wurde. Die Linie 21 und 22 von Hamm-Bahnhof über den Hardinghauser Knapp nach Heessen/Denkmal bzw. Heessen/Neue Heimat wurden ebenso übernommen wie etliche Berufsverkehrs-, aber auch Schülerlinien. In der nachfolgenden Zeit wurden diese übernommenen Linien mehrfach geändert und verdichtet. Auch größere Omnibusse (Gelenkzüge) kamen zum Einsatz.

Die bereits erwähnte kommunale Neuordnung zeigte aber auch ein brennendes Problem auf. Die Bürger der Stadt Hamm hatten bei den unterschiedlichen Verkehrsunternehmen abweichende Fahrpreise zu bezahlen. Es kam noch hinzu, dass die Fahrausweise nicht gegenseitig anerkannt wurden. Dieses Problem ging man bereits in der Vergangenheit, also vor der kommunalen Neuordnung an, indem federführend durch den Verkehrsbetrieb im Jahre 1973 die Verkehrsgemeinschaft Hamm mit den Partnern Deutsche Bundesbahn, Deutsche Bundespost, Firma Breitenbach und Stadtwerke Hamm gegründet wurde. Diese Gemeinschaft hatte bereits damals zum Ziel, sämtliche Hamm bedienenden Verkehrträger einzubinden, um den Hammer Bürgern einheitliche Verkehrsleistungen mit gleichen Fahrpreisen anzubieten. Ein erstes Zwischenziel konnte 1976 durch den Beitritt der zur Westfälischen Verkehrsgesellschaft Münster gehörenden Betriebe – Verkehrsgesellschaft Kreis Unna, Verkehrsgesellschaft Kreis Lüdinghausen, Kraftverkehr Westfalen, Ruhr-Lippe-Eisenbahn und Kreisverkehrsgesellschaft Beckum – erzielt werden.

Auch diese nunmehr alle Verkehrsträger erfassende Gemeinschaft hatte das vorrangige Ziel, die Fahrpreise in Hamm zu harmonisieren, die besonderen Beförderungs- und Tarifbestimmungen zu vereinheitlichen, und Fahrpläne sinnvoll aufeinander abzustimmen. Ab Dezember 1978 verschwand das vorhandene Tarifdurcheinander und innerhalb der neuen Stadtgrenzen Hamms wurde ein einheitlicher, gemeinsam getragener Flächenzonentarif unter Aufhebung der bisherigen Bedienungsverbote durchgeführt. Dies war ein ganz entscheidender Schritt. Der Zusammenschluss war auch deshalb so bedeutend, weil er bei einigen Betrieben zu nicht unerheblichen Mindereinnahmen führte und die Vereinheitlichung ohne jeden Zuschuss der Kommune wie aber auch des Landes NW durchgeführt werden musste. 1978 wurde in Hamm der sogenannte Flächenzonentarif eingeführt. Er löste beim Verkehrsbetrieb den bisherigen Einheitstarif, bei den übrigen Partnern den Teilstreckentarif ab. Diese Tarifänderung erforderte aber ein neues, vollelektrisch arbeitendes Entwertersystem.

Großräumige Kooperation schafft bessere Verkehrsbedingungen:

Entsprechend den Zielen der Landesregierung Nordrhein-Westfalens stellt die Verkehrsgemeinschaft Hamm jedoch nur ein Teilstück einer wesentlich größeren Gemeinschaft für den Bereich Ruhr-Lippe dar. Aber auch Übergangsmöglichkeiten zur bereits heute existierenden Verkehrsgemeinschaft Münsterland und zum Verkehrsverbund Rhein-Ruhr sind erwünscht. Die größere Verkehrsgemeinschaft Ruhr-Lippe hat zum Ziel, die Fahrpreise, das Abfertigungssystem und die Fahrpläne der über die Stadtgrenzen von Hamm hinausfahrenden Linien nach Werl, Unna, Soest, Kamen usw. ebenso zu vereinheitlichen, wie das vor einigen Jahren bei der Verkehrsgemeinschaft Hamm (VGH) bereits geschehen ist. Einen kurzen Schritt in diese Richtung taten die Stadtwerke vor kurzem durch Unterzeichnung eines Rahmenvertrages, der die Gründung der Verkehrsgemeinschaft Ruhr-Lippe zum Ziel hat.

Verbesserte Technik unterstützt verkehrspolitische Zielsetzung

Neben verkehrspolitischen Zielsetzungen konnte auch die Betriebstechnik in der Vergangenheit durch erhebliche Investitionen entscheidend verbessert werden. So war es seit dem Jahre 1971 durch Zuschüsse des Landes Nordrhein-Westfalen möglich, den gesamten Wagenpark zwischenzeitlich zu erneuern. Ein besseres Fahrverhalten und eine moderne Inneneinrichtung machten die Omnibusse für den Fahrgast wie aber auch für den Fahrer wesentlich attraktiver. So werden seit geraumer Zeit nur noch Omnibusse angeschafft, die statt des bisherigen Kunstleders nunmehr mit Dralon Velours bezogenen Sitzen ausgerüstet sind. Auch hinsichtlich der Geräuschentwicklung konnte etliches erreicht werden. Es werden nur noch Fahrzeuge mit sogenannten geräuschgekapselten Motoren gekauft, die sicherstellen, dass der Geräuschpegel im Inneren des Fahrzeugs, aber auch nach außen hin stark reduziert ist.

Zur Zeit werden die Omnibusse des Jahrgangs 1971 durch Neufahrzeuge ersetzt. Dies allerdings in wesentlich reduzierterem Tempo, da die allgemeine Einnahmen/Kostensituation des Verkehrsbetriebes dies erforderlich macht. Waren seit Gründung des Verkehrsbetriebes über lange Zeit die Einnahmen kostendeckend, ist dies seit Jahren nicht mehr der Fall. Es sind leider Defizite mit steigender Tendenz festzustellen, die nur durch fühlbare Einschnitte in das Verkehrsnetz reduziert bzw. auf gleicher Höhe gehalten werden können. Die innerbetrieblichen Rationalisierungsmöglichkeiten sind inzwischen weitgehendst ausgeschöpft.

Neuer Betriebshof in Hamm-Berge

Trotz der „roten“ Zahlen war es dem Verkehrsbetrieb 1981 noch ermöglicht worden, einen kompletten neuen Omnibusbetriebshof in Betrieb zu nehmen. Dieser modern und rationell konzipierte Neubau in Hamm-Berge konnte nur durch die ganz erhebliche Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen wie aber auch des Bundes finanziert werden. Notwendig war der Neubau seit längerem, da der Verkehrsbetrieb an der Wilhelmstraße einerseits im alten Straßenbahnbetriebshof aus dem Jahre 1898 und andererseits in einem Werkstatteil aus dem Jahre 1956 untergebracht war. Die alten Anlagen waren zu klein und unwirtschaftlich geworden und konnten auch aufgrund immissionsschutzrechtlicher Bestimmungen nicht mehr weiter verwendet werden. Der neue, mit modernsten technischen Einrichtungen ausgerüstete Betriebshof ermöglicht auch die Fahrzeuginstandsetzung kostensparender durchzuführen.

Blick in die Zukunft nicht ungetrübt

Der Blick in die Zukunft des Verkehrsbetriebes ist keineswegs rosig. Durch die ständig weiter steigende Motorisierung in unserer Stadt - Hamm gehört zur Spitzengruppe von Städten im PKW-Aufkommen pro Kopf -, die sinkenden Schülerzahlen, aber auch durch die relativ hohe Arbeitslosenzahl, sind nicht unerhebliche Fahrgastrückgänge zu verzeichnen. Der Betrieb versucht durch attraktivere Fahrzeuge sowie günstigere Linienverbindungen das Fahrgastminus in erträglichen Grenzen zu halten. Hier ist jedoch aufgrund der allgemeinen Kostensituation nur noch ein geringer Spielraum vorhanden, so dass zu Schwachzeiten, also in den späten Abendstunden bzw. an Samstagen und Sonntagen, im Gegenteil bereits Fahrplanreduzierungen vorgenommen werden mussten.

Der Verkehrsbetrieb der Stadtwerke übernimmt seit Jahrzehnten Aufgaben der allgemeinen Daseinsfürsorge. Dies bedeutet, er bietet seine Dienstleistungen auch dort, wo keine notwendigen Gewinne, ja nicht einmal Kostendeckung zu erzielen sind. Vor langer Zeit war ein Ausgleich durch entsprechend hohe Fahrgastzahlen auf den Hauptlinien möglich. Im Zuge der allgemein reduzierten Fahrgastzahlen steigen die Einnahmen trotz Fahrpreisanhebungen jedoch nicht im Gleichklang mit den Kosten. Dieses seit Jahren bekannte und bei vielen anderen Verkehrsunternehmen ebenfalls festgestellte Problem gilt es in Zukunft einzugrenzen bzw. abzuschwächen.